08.03.2011

Das Leben offline.

Mein erster Beitrag auf der Kopfseite. Nach einiger Zeit der Eröffnung.

Viel passiert. Ich kann mich gar nicht ordnen.

Seit einigen Wochen arbeite ich ja schon wieder wesentlich mehr als noch im letzten Jahr. Seit drei Wochen noch mehr. Mann und Kind müssen oft auf Mama verzichten. Leider. Und wenn Mama da ist, muss sie sich an ihre Bücher und Hefte setzen. Hab etwas "Prüfungsstress". Leicht. Und auch nur latent.
Aber nach wie vor mit Erfolg. Doch doch. Muss man schon mal so erwähnen. Mir gehts gut.

Der Rugbyclub vom Mann läuft auch echt heiß. Letztens waren Journalist und Videotyp da. Schönen  Beitrag in der hiesigen "großen" Zeitung + Video im Lokal-tv. Danach kamen noch mehr sportive Jungens. Großer Sportverein will sich den Sportbegeisterten annehmen. Find ich gut. Doch doch. Bin echt stolz auf das, was mein Mann da alles auf die Beine gestellt hat. Muss man schon mal so erwähnen. Ihm gehts gut.

Letzte Woche warf mich dann ein Telefonat total aus allen Ankern und Ufern und Bahnen. Und.. ja. "Laura, Dein Onkel hat mich gerade angerufen - Deine Tante stirbt!" STOPP! *zurückspul*
Ich habe mich nicht verhört.

Die Nachricht trug ich mit Fassung. Als ich hörte woran sie sterben wird, wurde mir ganz kalt.

Meine Mutter fuhr am nächsten Tag direkt zu meinem Onkel ins Krankenhaus. Das, in das ich mit meiner Zwergin als sie noch ein halbes Jahr alt war jeden dritten Tag hingedüst bin. Unwohlsein.

Vor 15 Jahren starb mein sehr geliebter Opa an den Folgen eines schlimmen Kellertreppensturzes im Alter von 85 Jahren. Kurz vor seinem Tod, als er noch im KKH lag und wir alle hofften, dass er bald wieder nach Hause kann, bauten mein o.g. Onkel + Frau das Haus meines Opas um. Es wurden Wände umgeschubst. Möbel rausgeworfen. MEIN Opa wurde wegradiert. Einfach so.
Gott, war ich scheißen sauer! Ich hab sie angeschrien und am liebsten erwürgt.

Nach dem Tod habe ich jeglichen Kontakt gemieden. Für mich waren sie "durch". Viele Schicksalsschläge, die sie durchhalten mussten, prallten ab. Ich habe sogar mal gesagt, dass sie meinetwegen auch sterben könnte - würde mich nicht interessieren.

Die Meinung und Stimmung hielt bis letzte Woche an. Im letzten Sommer waren die beiden noch bei meinen Eltern, das neue Haus bekuken. Ich habe direkt gesagt, dass ich nicht komme. Selten bin ich so unglaublich konsequent und mega stur.

Ich bereue es jetzt.

Vor ein einhalb Jahren bemerkte meine Tante einen Knoten in der Brust. Leider mied sie schon immer die Menschen, die bei solchen "Problemen" helfen können - die Ärzte. Sie ignorierte auch dieses Mal die Fähigkeiten, die ein Arzt so mit sich bringt. Nur eine Freundin von meiner Tante wusste Bescheid. Schade, dass sie sie nicht zum Arzt gezerrt hat. Schade.

Ich kann nicht leugnen, dass mit der Trauer nicht auch ein Funken Wut hoch kommt. Ich mein. Wenn ich spüre, dass da ein Knoten in meiner Brust ist und sich vor allem nach Wochen und Monaten ein Loch bildet, aus dem Blut läuft - WARUM ZUM TEUFEL GEH ICH DANN NICHT ZUM ARZT?! WARUM REDE ICH NICHT MIT MEINEM MANN?
Aber auch - warum sieht mein Mann nicht, dass mit mir etwas nicht stimmt?

Nun gut. Ich habe nicht das Recht über ihre Entscheidung zu urteilen. Ich muss sie auch nicht verstehen oder nachvollziehen können.

Vor acht Wochen fiel meine Tante dann einfach um. Mein verzweifelter Onkel ging direkt zum Arzt mit ihr. Der wiederum schickte die beiden direkt ins KKH mit dem Unterton, dass mein Onkel sich auf ALLES gefasst machen sollte - auch auf das Schlimmste.

Der Knoten war ein Tumor. Und der hat gestreut. Der ganze Körper war voller Metastasen. Bestrahlung half da nicht mehr viel. Im Gehirn wurde dann auch noch ein Tumor festgestellt. Das war's.

Die Bilder, die meine Mutter im Kopf hat lassen sie nachts nicht mehr richtig schlafen. Ich merke, wie mich die Nachricht vom Tod Tag für Tag mehr belastet bzw. runterzieht.
Am vergangenen Wochenende haben meine Eltern und ich meinen Onkel besucht. Die Wohnung gleichte irgendwie einem Mausoleum. Zu viele vertaubte Plastikpflanzen, zu viele kleine Püppchen und sonstiges Gedöns. Mein verzweifelter und mit Selbstvorwürfen geplagter Onkel mittendrin.

Morgen ist die Beerdigung.

Ich habe viel gelernt. Es nützt nichts, aber auch gar nichts, wenn man ewig und drei Tage stur und verbissen seine schlechte Laune gegenüber seiner Familie und auch lieben nahestehenden Menschen pflegt. Manchmal sind sie einfach nicht mehr da. Plötzlich.
Und ich habe gelernt - und auch meine Familie - das sich selbst und seinen Körper zu pflegen ganz wichtig ist. Ich lasse jedes Mal, wenn ich zu Gyn gehe meine Brust abtasten; und ich mache es auch selber. Eine Woche nach den Tagen.
Weiterhin habe ich gelernt, dass Vertrauen so etwas wertvolles ist. Ich weiß, ich kann mit meinem Mann über alles reden. Ich weiß, dass er mir alles ansieht. Er kennt mich.

Pflegt Euch und Eure Beziehungen. Wir und sie sind so wichtig und lebensnotwendig.

Sorry, für die lange Message. Ich brauchte dieses Luftmachen und Gedankenabgeben dringend.

Liebst,

Laura ♥

2 Kommentare:

  1. zunächst einmal mein herzliches beileid und ich schicke dir und deiner familie virtuell ganz viel kraft, diese zeit zu überstehen.

    ich arbeite in einem bereich, in dem icht fast täglich mit krebspatienten zu tun habe und oftmals kann auch ich nur den kopf schütteln.
    patientinnen, die meinen, ihr offener brusttumor wäre ein "pickel". patientinnen, die die komplette lunge durchmetastasiert haben, aber trotzdem alles ignorieren.
    patienten, denen der halbe mundboden weggenommen wurde, die aber noch während der therapie wieder zu zigarette und flasche greifen.
    sowas ist für mich total unverständlich und ich predige in meinem familien- und bekanntenkreis, dass doch bitte jeder alle vorsorgeuntersuchungen annimmt, die er in seinem alter bezahlt bekommt.
    sicher ist das auch kein garant dafür, dass man immer gesund bleibt, aber es kann einem selbst und den angehörigen viel kummer ersparen.

    liebe grüße, sabrina

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  2. hallo sabrina,

    danke für deine lieben worte. sorry, dass ich mich heute erst dazu melde.. :)

    so langsam hat sich die trauer erholt. unverständnis und ja, fast wut machen sich allmählich immer breiter.

    ich sehe es genau wie du: zum arzt gehen, vorsorgen. wozu gibt es diese möglichkeit denn, gell?
    sobald man einen partner hat und man länger zusammen ist, hat man doch irgendwie eine gewisse verantwortung. und klar, den übrigen angehörigen und vor allem sich selbst gegenüber auch. aber.. ja. da kann ich nur kopfschütteln.

    liebe grüße zurück, laura.

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